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156 Schweizer Winter im Vergleich

Dieser Winter hinterlässt eine Reihe an Wetterrekorden. Klimatologe Stephan Bader zieht Bilanz.

Von Patrick Vögeli und Marc Brupbacher

2019/2020 war der wärmste Winter seit Messbeginn

Die Abbildung zeigt die Abweichung von der durchschnittlichen Wintertemperatur (Dezember/Januar/Februar) in der Schweiz zum Referenzzeitraum 1961 bis 1990.

legende
Rang
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1.
2019/2020
18.
2018/2019
58.
2017/2018
28.
2016/2017
3.
2015/2016
32.
2014/2015
5.
2013/2014
100.
2012/2013
82.
2011/2012
60.
2010/2011
114.
2009/2010
101.
2008/2009
10.
2007/2008
2.
2006/2007
117.
2005/2006
108.
2004/2005
38.
2003/2004
81.
2002/2003
27.
2001/2002
11.
2000/2001
40.
1999/2000
70.
1998/1999
7.
1997/1998
22.
1996/1997
71.
1995/1996
15.
1994/1995
17.
1993/1994
21.
1992/1993
51.
1991/1992
102.
1990/1991
4.
1989/1990
6.
1988/1989
12.
1987/1988
99.
1986/1987
106.
1985/1986
119.
1984/1985
91.
1983/1984
53.
1982/1983
69.
1981/1982
132.
1980/1981
37.
1979/1980
78.
1978/1979
66.
1977/1978
62.
1976/1977
43.
1975/1976
9.
1974/1975
23.
1973/1974
85.
1972/1973
24.
1971/1972
105.
1970/1971
131.
1969/1970
118.
1968/1969
104.
1967/1968
72.
1966/1967
33.
1965/1966
130.
1964/1965
88.
1963/1964
155.
1962/1963
63.
1961/1962
34.
1960/1961
56.
1959/1960
41.
1958/1959
54.
1957/1958
50.
1956/1957
139.
1955/1956
47.
1954/1955
103.
1953/1954
135.
1952/1953
110.
1951/1952
96.
1950/1951
31.
1949/1950
42.
1948/1949
46.
1947/1948
147.
1946/1947
84.
1945/1946
129.
1944/1945
95.
1943/1944
52.
1942/1943
152.
1941/1942
146.
1940/1941
136.
1939/1940
67.
1938/1939
115.
1937/1938
26.
1936/1937
59.
1935/1936
73.
1934/1935
122.
1933/1934
98.
1932/1933
124.
1931/1932
116.
1930/1931
36.
1929/1930
154.
1928/1929
49.
1927/1928
97.
1926/1927
35.
1925/1926
29.
1924/1925
137.
1923/1924
80.
1922/1923
90.
1921/1922
39.
1920/1921
20.
1919/1920
77.
1918/1919
113.
1917/1918
128.
1916/1917
13.
1915/1916
89.
1914/1915
93.
1913/1914
45.
1912/1913
14.
1911/1912
87.
1910/1911
65.
1909/1910
144.
1908/1909
86.
1907/1908
151.
1906/1907
109.
1905/1906
121.
1904/1905
112.
1903/1904
64.
1902/1903
75.
1901/1902
140.
1900/1901
79.
1899/1900
25.
1898/1899
57.
1897/1898
68.
1896/1897
92.
1895/1896
156.
1894/1895
107.
1893/1894
145.
1892/1893
83.
1891/1892
153.
1890/1891
123.
1889/1890
126.
1888/1889
148.
1887/1888
142.
1886/1887
133.
1885/1886
76.
1884/1885
48.
1883/1884
44.
1882/1883
61.
1881/1882
74.
1880/1881
150.
1879/1880
127.
1878/1879
111.
1877/1878
16.
1876/1877
120.
1875/1876
143.
1874/1875
94.
1873/1874
55.
1872/1873
134.
1871/1872
149.
1870/1871
138.
1869/1870
8.
1868/1869
125.
1867/1868
19.
1866/1867
30.
1865/1866
141.
1864/1865

War der Winter 2019/2020 ein Jahrhundertwinter?

Momentan zeichnet sich schweizweit der mildeste Winter seit Messbeginn 1864 ab. Lokal brachte der Winter 1 °C mehr als die bisher mildesten Rekord-Winter von 2006/07 und 2015/16. In diesem Sinne ist die Bezeichnung Jahrhundertwinter durchaus gerechtfertigt. Es ist die seit Dezember fast durchwegs überdurchschnittlich hohe Tagestemperatur, welche in der Summe über drei Monate zum extremen Saisonmittel führt.

Dieser Winter war 3 Grad zu warm

Monatsmittel der Temperaturen in Grad Celsius in der Schweiz seit 1864

2020
2019
Mittel Referenz­zeitraum 1961–1990

War das ein Winter, wie wir ihn in 40 Jahren jedes Jahr erleben werden?

Die bisherigen Analysen zum Wettermuster des zukünftigen Winters in der Schweiz brachten sehr unterschiedliche Resultate. Daraus lässt sich vorderhand kein typischer zukünftiger Winter ableiten. Alle Modellrechnungen zeigen hingegen für die kommenden Jahrzehnte übereinstimmend eine fortschreitende Wintererwärmung. Seit der vorindustriellen Periode 1871−1900 ist der Schweizer Winter knapp 2 °C milder geworden. Bis Mitte Jahrhundert ist ohne Klimaschutz ein weiterer Anstieg der Wintertemperatur um 2 bis 3,5 °C möglich.

Wie sah es diesen Winter mit Niederschlag und Schnee aus? Lag die Menge in der Norm?

In weiten Teilen der Schweiz fielen Wintersummen im Bereich der Norm 1981–2010 oder leicht darüber. Unterdurchschnittlich blieben die Niederschläge in der Nordwestschweiz, am zentralen Alpennordhang und im Engadin. Auffallend war der landesweit niederschlagsarme Januar. Meist grün war der bisherige Winter vor allem bis in eine Höhenlage von rund 1000 m. Darüber sank die Schneehöhe periodisch unter den Durchschnitt, blieb aber meist im normalen Schwankungsbereich. In hohen Lagen verlief der Schneedeckenaufbau regional entsprechend dem langjährigen Durchschnitt.

Der Winter 2019/2020 war normal nass

Monatsmittel der Niederschlagsmenge in Milimeter in der Schweiz seit 1900

2020
2019
Mittel Referenz­zeitraum 1961–1990

Wir erlebten mindestens drei Winterstürme. Wie passt das in den Wandel?

In den letzten Jahren wurden in der Schweiz eher wenig Tage mit hohen Windspitzen registriert. Ab Mitte der 1980er-Jahre bis etwa 2005 war es häufiger stürmisch. Es ist davon auszugehen, dass dies vorwiegend natürliche Schwankungen des Klimasystems sind. Das scheint auch so zu bleiben. In den Klimaszenarien gibt es keine eindeutigen Hinweise, dass sich die Häufigkeit starker Windspitzen in Zukunft in eine bestimmte Richtung bewegt. Allerdings ist noch nicht klar, wie vertrauenswürdig die heutigen Klimamodelle mögliche Änderungen von Windspitzen darstellen können.

Im Winter 2019/2020 gab es überdurch­schnittlich viel Sonne

Monatsmittel der Sonnenstunden in der Schweiz seit 1961

2020
2019
Mittel Referenz­zeitraum 1961–1990

Schauen wir uns die drei Wintermonate Dezember, Januar und Februar, jeden für sich, etwas genauer an.

Dezember 2019:
Mit dem landesweit drittwärmsten Dezember seit Messbeginn erlebte die Schweiz einen extrem milden Winterbeginn. Einzelne Föhntäler der Alpennordseite registrierten gar den mildesten oder zweitmildesten Dezember seit Messbeginn. Die Dezembertemperatur lag nördlich der Alpen und in den Alpen verbreitet 2 bis 3 °C über der Norm 1981‒2010. In den Föhntälern der Alpennordseite stieg der Dezember 3 bis 4 °C über die Norm. Auf der Alpensüdseite und im Engadin bewegten sich die Dezemberwerte meist 1,5 bis 2 °C, lokal bis 2,4 °C über der Norm 1981‒2010. Im landesweiten Mittel lag der Dezember 2,5 °C über der Norm.

Januar 2020:
Die Schweiz registrierte in Höhenlagen über 1000 m den drittwärmsten Januar seit Messbeginn 1864. Lokal bewegte sich der Januar im Rekordbereich. Auf der Alpennordseite war es regional der sonnigste Januar seit Messbeginn vor über 100 Jahren. In der ganzen Schweiz zeigte sich der Januar sehr niederschlagsarm. Die Januartemperatur lag in tieferen Lagen der Alpennordseite verbreitet 2 bis 3 °C, regional 1,5 bis 2 °C über der Norm 1981‒2010. In Berglagen stieg der Januar 3 bis 3,6 °C über die Norm. Im Engadin und im Oberwallis bewegten sich die Werte 0,4 bis 1,7 °C über der Norm. Die Alpensüdseite registrierte verbreitet Januarwerte von 1 bis 2 °C über der Norm 1981‒2010. Im landesweiten Mittel lag der Januar 2,4 °C über der Norm.

Februar 2020:
Nach den momentanen Berechnungen bis zum Monatsende (Stand 20.2.2020) zeichnet sich auf der Alpensüdseite und in der Westschweiz ein neuer Februarrekord ab. In den Niederungen des Tessins liegt die erwartete Februartemperatur von 8 bis 9 °C rund 1 °C über dem bisherigen Rekord. In der Westschweiz dürfte der Februar mit 6,5 bis 7,5 °C etwa 0,5 bis knapp 1 °C über den bisherigen Höchstwerten zu liegen kommen. Im landesweiten Mittel wird sich der Februar 2020 voraussichtlich in die fünf wärmsten Februarmonate seit Messbeginn 1864 einreihen. Mit der Wärme kam auf der Alpensüdseite auch die grosse Trockenheit. Die Niederschlagsmengen erreichten verbreitet weniger als 20% der Norm 1981‒2010. Auf der Alpennordseite und in den Alpen fiel hingegen reichlich Niederschlag, oft als Regen bis in grössere Höhen. Viele Gebiete erhielten 150 bis 200% der Norm.